; Nils Ferlin. Im Labyrinth des Lebens. Übersetzung: Klaus-Rüdiger Utschick  s

Im Kellerkrug Fimmelstången saß Lasse Lucidor mit seinen Freunden und war schweigsam. Sing, Lucidor, baten die Freunde. Da sang Lucidor:

Suchen nach dem lebenden Wort –
ach Mühe!
Tot, ach tot ist jedes Wort,
ist im Herzen mir verdorrt.
Suchen nach dem lebenden Wort –
ach Mühe!

Das war ein bleicher Sang, sagte Leutnant Storm. Ja, antwortete Lucidor,

doch nun sitze ich im Trostehaus
und trink mir einen Rausch
wie ein Spieler unter Spielern und Schlangen.
Hier gibt’s runde Hüften,
und die runden Krüge gehn nicht aus,
aber morgen kann ich schlafen hinter Stangen
gefangen.

Komm, Vergessen, laß mich grünen,
Wein, befeure meinen Sang –
alla vostra, Giovanna, schöne Maide!
Auf die Anmut will ich trinken,
deinen pantherweichen Gang,
deine sanfte Stirn, umflort von Leide
und Seide!

Und ich hab ein Lied geschmiedet,
so recht wundersam und frei,
doch es will mir wie ein Rebus nun erscheinen:
Es will tanzen wie ein Falter,
lächeln in der Melodei,
doch im Text will es aufs bitterlichste weinen –
hei, weinen!

Hier stockte Lucidor, senkte die Laute und starrte vor sich hin. Lucidor ist voll, der Totentänzer, sagte Leutnant Storm, und wenig begreif ich seine Lieder, Unsinn also nenn ich sie!

Doch sie, die der Sänger soeben Giovanna genannt, die Dienstmagd mit den schwarzen Augen und den flinken Händen, sie stampfte mit dem abgetretenen Schuh auf den harten Boden und fuhr ihn an:

Schweig! Du Schweinebock! Was hast wohl du mit seinen Liedern zu schaffen? Und sie füllte Lucidors Krug und strich ihm sanft über die Haare.