Die Lebensbahn des Menschen. Auf den Punkt gebracht von Otto Reutter (1871-1931) und Olof von Dalin (1708-1763) und hier neu pointiert.
Als vor einigen Tagen meine Frau bei einem Spaziergang Otto Reutter zitierte, aus dem Couplet „Immer weiter – ein Lebensbild“, kam mir ein Lied des schwedischen Barockdichters Olof von Dalin in den Sinn, welches dem Reutter-Gedicht eine unerwartete Bestätigung gibt!
Hier die Strophen 1, 8 und 9 aus dem Reutter-Couplet:
Ach, was sind wir dumme Leute –
wir genießen nie das Heute.
Unser ganzes Menschenleben
Ist ein Hasten, ist ein Streben,
Ist ein Bangen, ist ein Sorgen –
Heute denkt man schon an morgen,
Morgen an die spät’re Zeit –
Und kein Mensch genießt das Heute,
Auf des Lebens Stufenleiter
Eilt man weiter, immer weiter – – –So entflieht die Zeit wie’n Traum
Und die beiden merken’s kaum – –
Erst verheiraten sie ihr Mariechen,
Dann verlob’n sie ihr Sophiechen,
Dann kommt Walter zur Marine.
Dann lernt Englisch die Pauline –
Dann macht Wilhelm sein Examen –
Dann komm’n noch zwei junge Damen –
Eine sechzehn – eine vierzehn –
Das kost’t Kleider, Hüte, Schürzen,
Um die richtig auszustatten
Für den künft’gen Mann und Gatten.
Niemals weiß man, wie man dran ist.
Nie gibt’s Ruhe – nie gibt’s Frieden –
Wenn die eine an den Mann ist,
Ist die and’re schon geschieden.
Wenn die Jüngste noch zu haben.
Hat die Ält’ste schon ’nen Knaben,
Erst kommt einer – dann ein zweiter
Und so weiter – immer weiter – – –Sehn Sie, so entfliehn die Jahre.
Großpapa hat weiße Haare –
Und der Mondschein zieht sich breiter
Immer weiter, immer weiter –
Und er denkt sich: „Schön der Mai ist,
Sieht man erst, wenn er vorbei ist.“
„Ach, wir waren blind“, so klagt er
Und zu seinem Enkel sagt er:
„Nutz‘ den Frühling deines Lebens,
Leb im Sommer nicht vergebens,
Denn schon bald stehst du im Herbste,
Bis der Winter kommt, dann sterbste –
Und die Welt geht trotzdem heiter
Immer weiter.“ – – – –
Hier das Dalin-Lied über die Lebensbahn des Menschen:
Nackt geboren, weinen, saugen,
babbeln, krabbeln, aufrecht gehn,
lernen und zum Dasein taugen,
spielen, denken und bestehn,
lieben, freien, Gut erwerben,
sich ergeben Glückes Wahn,
darben, leiden, siechen, sterben:
Das ist unsre Lebensbahn.
Übersetzung k-r u
In Reutters Couplet stellt der HERBST allenfalls Laubfall und Haarausfall in Aussicht, während er in Dalins Lied die Früchte der Mühen ernten läßt. Ergänzen wir das Couplet entsprechend!
…
Denn schon bald stehst du im Herbste
und Geld und Gut erwerbste,
…
Was den Winter des Lebens angeht, haben weder das Reutter-Couplet noch das Dalin-Lied uns etwas zu bieten. Doch auch dieser Teil der Lebensbahn hat seine erfreuliche Seite: Aus dem Er-blassen folgt das Erb-lassen, und damit wird die von Dalin angeführte Vermögensbildung nachhaltig!
…
bis der Winter kommt, dann sterbste
und Geld und Gut vererbste —
…
Womit der Schluß des Reutter-Couplets dann sehr plausibel wird …
und die Welt geht also (trotzdem) heiter
Immer weiter. – – – –
Der Kommentar steht Wort für Wort 104 mal im Netz. Spaßeshalber lasse ich ihn erstmal hier stehen, die E-mail-Adresse habe ich aber entfernt.
The content that I normally see is nothing like what you have written. This is very well-thought out and well-planned. You are a unique thinker and bring up great individualized points. Please continue your work.