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Seine Eminenz der Bischof von Växjö

Man ißt und trinkt beim Bischofsmahle,
der Bischof klopft mit dem Ring am Pokale
und schäumenden Wein füllt bis oben hin
und heimlich blinzelt zum Freunde Heurlin.
Die Pröbstinnen und die Pastorinnen schweigen,
und fromme, mürrische Stoßseufzer steigen
aus pröbstlichen Kehlen halbsatt hinan,
zum Teller blicken Adjunkt und Kaplan,
in Wolken der Andacht ist jeder und jede
in stiller Erwartung der heiligen Rede,
in welcher der Bischof den Glauben verziert
und ihn mit Bildern und Klängen garniert.

Doch Phöbus Apollo mit Wagen und Pferd
olympisch und licht über Thule fährt,
der strahlende Gott den Saal läßt erschimmern,
die wirren Locken des Bischofes glimmern
und schenken den Anschein von griechischem Stil
dem bischöflich vornehmen feinen Profil.
Der Bischof erhebt sich mit feurigem Schwunge,
die Augen lodern von trotzigem Schein,
und attisches Salz belebt seine Zunge
und gibt athenische Reden ihm ein.

Wie feurig die nackten Charitinnen springen
vom Munde des Bischofs und feurig sich schwingen
im Bischofssaal in Anakreons Takt,
wie edel und stolz schreibt Clio Geschichte
und zeigt uns die Wahrheit im klaresten Lichte,
wie schön kommt Eros in all seiner Macht!
Der Bischof redet von heldischem Leben,
von Freiheit und Anmut, die immerfort weben
ein schimmerndes Licht, das alles umfließt,
vom Gott in der Traube, im Sange und Tanze,
vom Blicke des Siegers im Lorbeerkranze,
von weiblicher Grazie, die ewiglich ist,
von Geist und Stoff, die in Gott sich vereinen,
der herrschet im All und atmet im Kleinen,
vom Leben als Glückes- und Siegesbahn
im Schutze des großen und mächtigen Pan.
Es ist, als ob selige Chöre singen
und Phöbus Apollo die Lyra läßt klingen,
das Plektron in göttlicher Hand,
es tönt in der Luft, es dröhnt in der Erde,
Zentauren stampfen in mächtiger Herde,
Mänaden tanzen auf Blumen und Sand.

Die Worte aus Klüften die Waldbauern locken
und machen Faune und Nymphen erschrocken
und schocken die wackere Priesterschaft.
Der Bischof verstummt, die Pröbste sich ducken,
Pastorinnen gucken und Pröbstinnen schlucken,
und jeder mit offenem Munde gafft.

Doch bald geht ein Tuscheln und Flüstern im Saal:
“Herr Bischof schaute zu tief in ’n Pokal,
wenn das geschieht, so ist es fatal!”
Von Haus zu Haus geht der große Skandal
im ganzen småländischen Jammertal.

 



 Gustaf Fröding, Schilf, Schilf, rausche. Ausgewählte Gedichte
 übersetzt von Klaus-Rüdiger Utschick, ©1999