Schemen und Stimmen
Im Caféeck saß ich schweigend,
und der Rauch stieg auf in Schwaden
von zigarrenbleichem Gase,
eine Funzel grinste schief,
leise klirrte Glas an Glase,
ich sah Dunst, vom Spültisch steigend,
sah des neuen Fräuleins Waden,
als von Tisch zu Tisch sie lief.
Und mein Wesen war zerrissen,
krank von schlimmen Zweifelsqualen,
hohl von Tropfen, welche troffen,
leer, vom Branntwein ausgezehrt,
zu entkräftet, um zu hoffen,
wild gepeinigt vom Gewissen,
von der Seelenqual zermahlen –
nichts mehr war mir etwas wert.
“Mein Gehirn ist schon ermattet,
da ich satt und müde kralle
Halme, die pardauz verschwinden
unter meiner Zitterhand.
Jede Nacht ein Mädchen finden
– ist das Leben? – todbeschattet
trink und trink ich, bis ich falle,
fall vom Stuhle in den Sand.”
So ich dachte – wie ich denke –
und es schwammen schwach und vage
Bilder in den müden Sinnen,
wie wenn träumend Wolken ziehn,
doch kein Lichtstrahl war darinnen,
und im Schleierdunst der Schänke
keine Hoffnung bess’rer Tage,
meinem Dasein zu entfliehn.
Gustaf Fröding, Schilf, Schilf, rausche. Ausgewählte Gedichte
übersetzt von Klaus-Rüdiger Utschick, ©1999