;
◀ Zurück zur Einführung

Blitz, der Schornsteinfeger

Er war schwarz von Ruß und von Staub und Schlamm,
wenn er ging über Moos, über Damm,
er war er frei und quick,
in dem Geierblick
war die Glut vom Zigeunerstamm.

Seine Augen waren so schwarz und blank
wie die Schornsteinkugel, die sank,
wenn sie lohten von List,
wenn sie drohten im Zwist,
wenn sie froh erstrahlten im Dank.

Über Stirne und Hals hing sein wirres Haar
er sah aus wie ein schwarzer Tatar
mit dem schiefen Hut,
der noch immer gut,
aber nicht mehr der neueste war.

Und sein Name in keinem Kirchenbuch stand,
wo er herkam, war nirgends bekannt,
er war niemandes Sohn
und nur Gott weiß, wovon
ihn der Zufall hierher hat verbannt.

Und durch Sommer und Winter und Sonne und Schnee,
über Moor, über Heide und See,
über Feld, über Mahd
ging sein Wanderpfad
in der Einsamkeit Wohl oder Weh.

Wo kein Pfad sich fand und kein Steig bestand
in gefährlicher Felsenwand,
fand er doch heraus,
fand ein Kätnerhaus
oder fand an den Landstraßenrand.

Und wohin er kam, war es lustig wie nie
mit Hoho! und Haha! und Hihi!
und man trank und sang
einen kurz, einen lang,
und man lachte und fluchte und schrie.

Und in Späßen und Schnurren bewandert war Blitz.
Wenn er riß einen Schwank oder Witz,
wenn er sang und log,
an der Pfeife sog,
hielt es niemanden mehr auf dem Sitz.

Er erzählte Geschichten von Hexen und Troll
und von Irrfahrten heillos und toll,
von des Teufels Mama,
die er selbst einmal sah,
als der Mond und er selbst waren voll.

Auf den Schornstein er schwang sich wie Ikaros’ Sohn,
wie ein König er saß auf dem Thron
-  in der schwarzen Kluft
in der schummrigen Luft
wie der Teufel in eigner Person.

Und er johlte und sang wie der Häher, der gellt
über Berg, über Tal, über Feld,
wenn er schwang seinen Quast
und fegte mit Hast
den Schlot, wie’s der Bauer bestellt.



 Gustaf Fröding, Schilf, Schilf, rausche. Ausgewählte Gedichte
 übersetzt von Klaus-Rüdiger Utschick, ©1999